ZUR SCHÜTZENGESCHICHTE IN REITH | |
Die Sonderstellung Tirols in der Landesverteidigung | |
Im Jahre 1511 hat Kaiser Maximilian I. im Einvernehmen mit dem Landtag in Bozen für unser Land eine neue Wehrverfassung erlassen. Auf Grund dieses sogenannten Landlibells erhielt der Landesfürst das Recht, einen Landsturm zu bilden, um Tirols Grenzen im Notfall verteidigen zu können. Dafür waren die Bewohner zu keiner Kriegsdienstleistung außerhalb des Landes verpflichtet und zum Aufgebot der Wehrfähigen mußten die Landschaftsvertreter ihre Zustimmung geben. Die Landrichter erhielten den Auftrag, in ihrem Bezirk alle Männer zu registrieren und dabei festzustellen, wer Waffen besitzt. Als Ausrüstung kam die Armbrust, später auch eine Feuerbüchse in Frage. Die Reither und Leithener wurden im Gerichtsbezirk Hörtenberg (Telfs) erfaßt. Erste Kunde von Schützen in unserer Gemeinde Im Jahre 1625 wurden zur Anschaffung von „Schützenröckln“ im Gericht Hörtenberg 147 Gulden und 6 Kreuzer ausgegeben. Davon entfielen 14 Gulden auf Reith und Leithen. Die Schützen trugen einen Wams, der wie ein Hemd übergestreift werden konnte. Jedes Gericht hatte eine andere Uniform. Die des Hörtenberger Regiments war grau mit roten Streifen. Die Kosten für dieses Kleidungsstück hatte die jeweilige Gemeinde zu tragen. Unsere Mannschaft vor 366 Jahren Im 30- jährigen Krieg drohte auch unserem Lande Gefahr. 1647 standen schwedische Truppen an unserer Grenze. Die Landesfürstin Claudia von Medici, Witwe nach dem Tode von Erzherzog Leopold V. gab Auftrag, die Einsatzfähigkeit der Schützen zu überprüfen. In unserem Bezirk wurden 769 Mann namentlich erfaßt, davon wurden 111 Mann als“Ordinarii“(aktive Einsatztruppe) registriert. Die Gemeinden Reith und Leithen stellten dabei 28 Schützen. Aus Leithen 7 Mann: Hans Haslwanter, Michael Sailer, Georg Nairz, Bernhard Schwenninger, Jacob Camerlander, Matheis Wanner und Michael Sailer jun. Aus Reith 21 Mann: Michael Schennacher, Andrä Gapp, Martin Gapp, Hans Hedl, Jakob Gapp, Hans Sailer, Balthasar Gapp, Christian Feierabend, Georg Nairz, Hans Moll, Simon Sailer, Georg Heigl, Jakob Camerlander, Mathois Sailer, Steffl Heigl, Bartlmä Gapp, Blasy Wanner, Matheis Sailer, Bartlmä Wanner, Nikolaus Nairz, Paul Nairz. Es waren damit alle damaligen Höfe in der Mannschaft vertreten. Die Ausbildung am Zirler Schießstand Jeder Schütze mußte in die Rolle eines Schießstandes eingetragen sein. Für die Reither und Leithener war die Schießstätte in Zirl der Ort, wo sie ihre Ausbildung erfuhren. In der Schützenrolle wurde vermerkt, welche Zielübungen ein jeder absolviert hatte. Im Schießbuch wurde auch eingetragen, wenn einer seine Ausbildung abgeschlossen hatte. So ist im Verzeichnis aus dem Jahre 1805 zu lesen: Am Schießstand Zirl eingeschriebene wirklich brauchbare Schützen: aus Reith: Nikolaus Wegscheider, 30 Jahre, ledig Bauer, HNr. 3 Matthias Heigl, 36 Jahre, ledig, Bauer, HNr 6 Johann Nairz, 43 Jahre, verheiratet, beim Vater HNr 21 Aus Leithen: Johann Nairz, 24 Jahre, verheiratet, Knecht, HNr 1 Franz Sailer, 42 Jahre, verheiratet, Bauer, HNr 3 Franz Sailer und Johann Nairz stehen auf Grund ihres höheren Alters im „3. Zuzug (Aufgebot)“, sind also als Reservisten zu führen. Die fünf Genannten würden heute als ausgebildete Scharfschützen bezeichnet werden. Der Dienst im regulären Militär Die kriegerischen Auseinandersetzungen zur Zeit Napoleons führten dazu, das immer öfter auch Feldzüge außerhalb der Landesgrenzen notwendig wurden. So wurde 1816 das Tiroler Kaiserjägerregiment aufgestellt, das dem Herrscher persönlich unterstellt sein sollte und zu dem jeder 10. Wehrfähige eines Jahrganges einberufen werden konnte, um dann 7 Jahre als Aktiver in dieser Elitetruppe zu dienen. So wurden die Musterungen wie in allen anderen Kronländern durchgeführt und dabei das Los geworfen, wer von den Stellungspflichtigen zum Militärdienst einberufen werden sollte. Die Burschen die zur Musterung antreten, werden daher auch heute noch „Leaslbuam“ genannt. Als der Feind 1848 die Grenzen im Süden bedrohte meldeten sich auch Schützen als Freiwillige um an der Seite der Kaiserjäger in den Einsatz zu ziehen. So rückte auch Josef Kluckner aus Reith mit einer Zirler Freiwilligen- Kompanie aus und erhielt als Anerkennung seiner Verdienste die silberne Ehrenmedaille des Kaisers verliehen. In ähnlicher Weise wurden auch 1866 die Einsätze gegen italienische Freischärler durch Freiwillige in Scharfschützenkompanien unterstützt Wie konnte man das Einrücken verhindern? Sieben Jahre Militärdienst bedeutete vielfach ein großes Unglück. Wer wohlhabend war, konnte sich durch Geld dieser Verpflichtung entledigen. Man mußte einen Ersatzmann finden, der sich dafür entsprechend bezahlen ließ. Für einen Bauern in unserer Gegend erschien dies unmöglich. Ein Dokument in unserem Gemeindearchiv gibt Aufschluß, wie sich einige Bürger auf originelle Weise zu helfen wußten. Am 13.10.1844 saßen 10 Schützen in einem Zirler Wirtshaus am Tisch und überlegten, wie sie das Einrücken ihrer Söhne verhindern könnten. Es waren 2 Zirler, 2 aus Oberperfuß, 1 aus Ranggen, 1 aus Unterperfuß, 2 Seefelder und 2 aus Reith, nämlich der Dorfwirt Josef Spieß und sein Schwager Lorenz Haslwanter, Lenzeler. Sie schlossen miteinander einen Vertrag in dem sie sich verpflichteten 100 Gulden dem zu zahlen, den bei der Musterung das Unglückslos treffen sollte. Damit standen insgesamt 1000 Gulden zur Verfügung, um einen Burschen zu dingen, der zur Dienstleistung als Ersatzmann bereit war. Wie diese Aktion ausging, ist nicht überliefert Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1868 kam in der österreichischen Monarchie die allgemeine Wehrpflicht zur Einführung und die Dienstzeit wurde auf 3 Jahre festgesetzt. Damit waren auch die Tiroler von 18 – 45 Jahren wehrpflichtig und das Schützenwesen wurde in die neue Organisation einbezogen. Demnach hatten die an einem Schießstand eingeschriebenen nach einer kurzen Grundausbildung eine festgelegte Zahl an Schießübungen zu absolvieren, mußten dafür keine weiteren Waffenübungen bei der Miliz leisten. Das war die Geburtsstunde der „ Standschützen „. Die bestehenden Schießgesellschaften erlebten regen Zulauf, in größeren Orten nannte sich diese Mannschaft Schützenkompanie. Bei den häufigen Fest- und Freischießen marschierten sie unter der Führung der selbstgewählten Offiziere in ihrer Talschaftstracht auf. Reith erhält einen eigenen Schießstand Im Zuge dieser Neuordnung wurde auch festgelegt, das nun in allen Gemeinden ein Schießstand errichtet werden muß. Die Standschützen sollten in jedem Ort organisiert werden und auf dem eigenen Schießstand ihre Pflichtübungen leisten zu können. Zirl und Leutasch hatten bereits die entsprechenden Einrichtungen, Reith, Seefeld und Scharnitz mußten eine solche schaffen. Die Reither legten ihre Schießanlage unter dem Meilenstein am Gurglbach an und schossen auf die Scheiben über den Graben. Der Stand wurde so wie die Schießstände der Nachbargemeinden von der Behörde überprüft und kollaudiert. Die Wehrpflichtigen wurden von der Gemeinde in der Sturmrolle erfaßt und dem Bataillonskommando gemeldet. Als zuständig wurde das k.k. Landesschützen – Bataillon II – Innsbruck – Wipptal genannt. Gründung der ersten Reither Schützenkompanie vor 130 Jahren 1874 kamen die Reither der Aufforderung nach, für ihren Schießstand eine Vorstehung zu wählen, die von einem Schützenmeister angeführt wird. Als erster Schützenmeister wurde Peter Norz aus Leithen gewählt. Er bat allerdings bereits ein Jahr später 1875 um seine Enthebung und der Bürgermeister erhielt vom Landesschützenmeister Auftrag, für den gesamten Schießvorstand Neuwahlen durchzuführen. Nach 10- jährigem Bestand erhielten die Schützen eine Fahne. Die Sturmrollen aller Jahrgänge zwischen 1869 und 1900 sind im Gemeindearchiv verwahrt und darin 72 Wehrfähige erfaßt. Über Anfrage der Bezirkshauptmannschaft wurden 1895 acht Mitglieder als aktive Kaiserjäger gemeldet. Deren Namen seien hier angeführt: Anton Haslwanter geb. 1864, Jäger Alois Norz 1866, Jäger Peter Hendl 1866, Jäger Josef Gapp 1867, Jäger Alois Plattner 1868, Jäger Englbert Gapp 1871, Jäger Josef Monz 1867, Patrollführer Englbert Wild 1870, Patrollführer Vom Schützenmeister zum Schützenhauptmann Bei den Aufmärschen anläßlich der damals häufigen Schützenfeste übernahmen die Schützenmeister das Kommando über die Kompanie und wurden als Hauptmann angesprochen. Die Schützen zeigten sich dabei zumeist in ihrer Talschaftstracht. Die Einheiten der Städte hatten keine einheitliche Tracht und so einigte man sich beim Landesfreischießen 1884 auf eine gemeinsame Uniformierung. Sie trugen braune Joppen und die Hüte zierten grüne Bänder und weise Flaumfedern. Beim großen Dorfbrand von 1892 verloren die Schützen auch die gesamte Ausrüstung. Erst zur Jahrhundertfeier am 27.9.1896 bei der an das Bündnis der Tiroler mit dem Herzen Jesu 1796 gedacht wurde, marschierten sie in neuer Tracht auf. Im Protokoll über den Ablauf des Defilees vor dem Kaiser in Innsbruck ist auch vermerkt „die Reither Standschützen mit neuer Fahne.“ Die alte Fahne wurde beim Brand ein Raub der Flammen. Diese Ausrückung in neuen Uniformen wird in der dörflichen Überlieferung als Neugründung 1896 genannt. Im Jahr 1898 wird in der Wochenzeitung „Andreas Hofer“ von einem Schützenfest mit Freischießen in Reith berichtet. Anlaß dafür war das 50-Jährige Regierungsjubiläum des Kaisers. Demnach gab es nach dem Festgottesdienst die üblichen Dechargen der Schützenkompanie und eine patriotische Rede von Pfarrer Franz Marthe, ehe der Oberschützenmeister mit seiner Ansprache das Schießen freigab. Die festliche Gestaltung wurde von den Seefelder Musikanten mitgetragen, da in Reith noch keine eigene Kapelle bestand. Der Gedenkstein vor dem Auländer Kirchlein Gedenkjahre boten immer wieder Gelegenheit zu festlichen Aufmärschen. So gab es Feierlichkeiten im Jahr 1908 aus Anlaß des 60-Jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef I. Damals wurde vor der Auländer Kirche ein kleiner Obelisk errichtet und eine Marmortafel daran angebracht. Das folgende Jahr wurde im ganzen Lande dazu genützt, um der Freiheitskämpfe 1809 in würdiger Weise zu gedenken. Es gab in Innsbruck einen Umzug mit Kaiserparade, wozu auch die Reither Schützen ihre Tracht und Ausrüstung auf Hochglanz bringen mußten. Die Verlegung des Schießstandes In denselben Jahren wurden die Pläne für den Bau der Karwendelbahn erstellt und hierfür die Trassenführung festgelegt. So mußte die Schießanlage am Gurglbach einem Brückenbau weichen und wurde im Larchet am nördlichen Ortsrand neu gebaut. Dort wurde bis zum Ausbruch des 1.Weltkrieges fleißig geübt, ehe die Standschützen 1915 zu ihrem letztmaligen Einsatz in die Dolomiten ausrückten. Sie hielten bis zum Zusammenbruch der Fronten allen feindlichen Angriffen stand, gerieten dann zum Teil noch in italienische Gefangenschaft. Damit fand die traditionsreiche Wehrverfassung nach 400 Jahren ihr Ende Die Traditionspflege der Heimkehrer Nach dem unglücklichen Kriegsausgang kam es vorerst zu keiner Wiederbelebung des Schützenwesens. Es fanden sich jedoch die Heimkehrer der verschiedenen Militärformationen- Kaiserjäger, Kaiserschützen, Standschützen u.a. zu kameradschaftlichen Treffen und gemeinschaftlichen Aktionen zusammen. So wurde 1923 die desolate Friedhofskapelle renoviert und darin die Gedenktafel an die im Kriege Gefallenen angebracht. 1927 wurde dann am Eingang zur Kirche ein Vorbau geschaffen und dieser als Kriegergedächtnisstätte gestaltet. 1930 schlossen sich die ehemaligen Soldaten zu einem Verein zusammen, ohne jedoch den Schießbetrieb wieder aufzunehmen. Dieser Schützenverein wurde nach dem Anschluß an das Deutsche Reich so wie alle anderen Vereine aufgelöst. Es kam der 2. Weltkrieg mit dem für unser Dorf so tragischen Ende. Auf den Schlachtfeldern blieben 16 Reither, 42 wurden als Heimkehrer registriert. Wiedergründung der Reither Schützenkompanie 1954 ergriff Alois Sailer, vulgo Priegls Luis, die Initiative und es gelang ihm, 20 Aktive neben einer Anzahl von Förderern für die Wiedergründung der Kompanie zu gewinnen. Als Tracht wählte man die heimatliche, so wie sie Rudolf Margreiter nach seiner Heimkehr aus der Gefangenschaft in Sibirien 1921 am Kirchengewölbe zur Darstellung brachte. Der Schießstand im Larchet diente in den ersten Jahren nach 1945 als Unterkunft für eine Flüchtlingsfamilie. Zu einer neuerlichen Inbetriebnahme konnte man sich nicht entschließen. Hauptmannwechsel 1970 Nach 16 Jahren legte Hauptmann Sailer Alois sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Zum neuen Hptm. wird Paul Haslwanter gewählt, der dieses Amt bis zum Jahre 1985 ausübte. In Würdigung seiner Verdienste wurde er zum Ehrenhaupmann ernannt. Gedenkjahr 1809- 1984 Die Reither Schützen errichten bei der Bundesstraßenabfahrt unter der Führung vom damaligen Obmann der Musikkapelle Reith einen Bildstock im Rahmen des Jubiläumjahres 175 – Jahre Freiheitskämpfe Hauptmannwechsel 1985 In diesem Jahr wurde Haidegger Willi zum Hptm. gewählt, Haslwanter Paul kandidierte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Er wurde von der Kompanie zum Ehrenhauptmann ernannt. Eine Jungschützengruppe wird gegründet 1994 entschloß sich die Kompanieführung eine Jungschützengruppe auf die Beine zu stellen. Mit der Aufgabe wurde Berger Friedrich betraut der auch zum Jungschützenbetreuer gewählt wurde. Zum Anfang wurden sechs Kinder eingekleidet und aufgenommen. Ab dem Jahre 2000 übernahm Rudi Rosenkranz die Funktion des Jungschützenbetreuers 2006 übernahm wieder Hptm. Berger das Amt des Jungschützenbetreuers Hauptmannwechsel 1995 Hptm. Haidegger Willi legte sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Er wurde 1996 zum Ehrenhauptmann ernannt. Berger Friedrich wurde von der Kompanieversammlung zum Hauptmann gewählt. 1997 Bau eines Sebastianibrunnens in Auland Die Schützen errichteten in Auland neben der Maria – Hilf Kapelle einen Brunnen. Die Planung sowie sämtliche Arbeiten wurden in Eigenregie ausgeführt. Der Hl. Sebastian wurde von Raimund Winkler geschnitzt und von der Reither Restauratorin Veronika Nairz gefasst. Gestiftet wurde die Figur von Frau Maria Schwemberger. 2000 ein neues Heim, und Schießstand für die Schützen Auf Initiative unseres Ehrenleutnants Bgm.Ing. Wilhelm Gruber, sowie dem Gemeinderat entschloß man sich ein Vereinshaus zu errichten, wo auch die Schützenkompanie untergebracht werden sollte. Im Juni 2000 konnten die Schützen das neue Heim sowie den Schießstand nach der Segnung beziehen. 2004 50 Jahre Wiedergründungsfest mit Fahnenweihe. Aus Anlass des Wiedergründungsjubiläums entschlossen sich die Reither Schützen eine neue Fahne anzuschaffen. Am 15. August konnte die Fahne im Rahmen eines Festaktes im Beisein der Kompanien des Bat. Hörtenberg gesegnet werden. Als Fahnenpatin konnte Frau Ursula Paulus gewonnen werden. 2009 Jubiläumsjahr zum 200 Jahrestag des Tiroler Volksaufstandes gegen Bayrische und Französische Besatzer Die Reither Schützen errichteten im Gedenken an die toten der Kriege im Besonderen der Freiheitskämpfe einen Rosenkranzweg oberhalb von Reith mit 5 Marterl’n Am 22. August 2009 konnte der Rosenkranzweg durch Pfarrer Egon Pfeifer im Beisein der Schützen des Bat. Hörtenberg und der Bevölkerung gesegnet werden. 2009 Teilnahme der Reither Schützen beim Landesfestumzug in Innsbruck |